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Milliardenklagen von Oligarchen untergraben Russland-Sanktionen | 09-12-2025

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Die sogenannten Konzernklagen, bei denen es um Milliarden an Steuergeldern geht, hat Deutschland auf Basis der Investitionsschutzabkommen quasi erfunden :( | foto.hufenbach

09-12-2025 | Gemeinsame Pressemitteilung von PowerShift, Friends of The Earth Europe und weiteren Partnern |

Russische Oligarchen gehen vor internationalen Schiedsgerichten massiv gegen Sanktionen der Ukraine und der EU vor, wie eine neue Studie zeigt. Insgesamt wurden 28 Investitionsschiedsverfahren – darunter zwei Klagedrohungen – von sanktionierten Oligarchen oder Unternehmen eingeleitet, von denen sich die meisten unmittelbar gegen Russland-bezogene Sanktionen richten.

Die geforderten Entschädigungen summieren sich auf insgesamt 62 Milliarden US-Dollar – nahezu so viel wie die Militärhilfe, die die EU seit 2022 für die Ukraine bereitgestellt hat.

Mehr als die Hälfte der Fälle, in denen Sanktionen direkt angefochten werden, wurde allein im Jahr 2025 eingereicht. Auffällig ist, dass dabei zunehmend auf Investor-Staat-Streitbeilegungsmechanismen (ISDS) zurückgegriffen wird. Dieses Instrument des Investorenschutzes steht seit langem in der Kritik, ist aber in vielen bilateralen Investitionsschutzabkommen verankert – auch zwischen EU-Mitgliedstaaten und der Ukraine. Dass diese nun genutzt werden, um die Ukraine und ihre Unterstützer für ihre Sanktionspolitik auf Milliardenbeträge zu verklagen, ist höchst problematisch und zeigt abermals, welche Gefahr ISDS für demokratische Prozesse darstellen kann.
Fabian Flues, Experte für Investitionspolitik bei PowerShift und Autor der Studie, kommentiert: „Klagen vor intransparenten Schiedsgerichten werden zunehmend genutzt, um Sanktionen gegen Russlands brutalen Krieg anzufechten. Um zu verhindern, dass sanktionierte Oligarchen Europa und insbesondere die Ukraine in milliardenschwere Rechtsstreitigkeiten verwickeln, müssen die Investitionsschutzabkommen mit Russland und der Ukraine sofort gekündigt werden.“

Mehr als die Hälfte der laufenden Fälle, die mit Sanktionen in Zusammenhang stehen, richten sich gegen nationale Sicherheitsmaßnahmen der Ukraine, die nach den Invasionen von 2014 und 2022 ergriffen wurden. Russische Oligarchen und Unternehmen reichen ISDS-Klagen häufig über Tochtergesellschaften in europäischen Ländern – darunter Deutschland, Österreich, Belgien, Luxemburg, Großbritannien und die Niederlande – ein und berufen sich dabei auf deren Investitionsabkommen mit der Ukraine.

Paul de Clerck, Sprecher für gerechtes Wirtschaften bei Friends of the Earth Europe:

„Europäische Regierungen versuchen derzeit verzweifelt, die Ukraine finanziell über Wasser zu halten. Gleichzeitig lassen sie zu, dass sanktionierte Oligarchen die Investitionsabkommen ihrer Länder ausnutzen, um sicherheitspolitische Maßnahmen der Ukraine mit Milliardenklagen anzufechten. Die Lösung ist dabei klar: Die Abkommen, die solche Klagen gegen die Ukraine ermöglichen, müssen umgehend beendet werden.“

Trotz des Krieges in der Ukraine haben viele EU-Länder ihre bilateralen Investitionsabkommen mit Russland und anderen Drittländern weiterhin aufrechterhalten – und das, obwohl der Gerichtshof der Europäischen Union bereits 2009 entschieden hat, dass diese Verträge im Widerspruch zu den Sanktionsmaßnahmen der EU stehen.

Paul de Clerck, Sprecher für gerechtes Wirtschaften bei Friends of the Earth Europe: Beispiele für Klagen gegen:

Luxemburg:

Der russische Oligarch Michail Fridman fordert von der luxemburgischen Regierung 16 Milliarden US-Dollar für die Einfrierung seiner Vermögenswerte. Das entspricht fast der Hälfte des luxemburgischen Staatshaushalts.

Großbritannien:

Auch Großbritannien ist mit einer Klage des russischen Oligarchen Michail Fridman konfrontiert, gegen den Großbritannien Sanktionen verhängt hat. Die geforderte Entschädigung ist nicht bekannt.

Belgien:

Vier russische Investoren mit Vermögenswerten bei Euroclear haben Belgien bereits im September und Oktober offiziell eine Schiedsgerichtsklage angekündigt. Die Einreichung dieser Klagen fiel mit Debatten in Europa über die Verwendung der eingefrorenen Vermögenswerte als Reparationskredite für die Ukraine zusammen.

Ukraine/Deutschland:

Nachdem ein ukrainisches Gericht festgestellt hatte, dass der russische Oligarch Andrey Molchanov für den Bau von Kasernen für das russische Militär verantwortlich war, ordnete es die Beschlagnahmung seiner Anteile an einer Zementfirma an. Molchanov klagt jetzt mit Hilfe einer Tochterfirma unter dem Deutschland-Ukraine BIT gegen die Ukraine.

Frankreich:

Frankreich, sieht sich mit zwei Klagen von sanktionierten russischen Oligarchen konfrontiert, deren Gesamtsumme 4 Milliarden Euro übersteigt.

Hintergrund

-ex> Vollständige Studie

VIDEO

-ex> Konzerne klagen - wir zahlen"

"Live" Tracker Konzernklagen

-ex> https://www.globalisdstracker.org/

Kontext:

Investor-Staat-Streitbeilegung (ISDS) ist ein Schiedsverfahren, das häufig in Investitionsschutzabkommen zwischen Ländern enthalten ist. Es ermöglicht ausländischen Investoren Staaten zu verklagen, wenn sie sich durch politische oder rechtliche Änderungen benachteiligt fühlen. Die Klagen werden außerhalb des jeweiligen nationalen Rechtssystems vor intransparenten Schiedsgerichten verhandelt – und resultieren häufig in viel höheren Entschädigungssummen als das vor nationalen Gerichten möglich wäre.


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